Lodewijk van Gruuthuse hatte eine große Vorliebe für Bücher, genauer gesagt für Handschriften. Das werden Sie in diesem Raum feststellen. Im Laufe seines Lebens wurde die Buchdruckerkunst entwickelt. Aber Lodewijk kaufte nur handschriftlich verfasste Bücher und Manuskripte. Meistens von bestehenden, machmal aber auch von neuen Werken. Viele dieser aufwändig gestalteten Handschriften wurden mit einzigartigen Miniaturen verziert. Es war die letzte große Blütezeit dieser Kunstform.
Lodewijks Bibliothek war nach der Bibliothek der Herzöge von Burgund die größte der damaligen Niederlande. Sie war nicht nur eine Liebhaberei, sondern diente auch als Statussymbol. Man konnte damit gewaltig Eindruck schinden. Auch andere prominente Brügger taten das und folgten dabei dem Vorbild der Herzöge. Die herzogliche Bibliothek beherbergte rund 900 Handschriften, die von Lodewijk knapp 150.
Einer von Lodewijks Lieferanten war Colard Mansion. Er gehörte in der Pionierzeit der Buchdruckerkunst zu den bedeutendsten Druckern der Stadt Brügge. Ja, Sie haben richtig gehört: Mansion war Drucker, aber Lodewijk bestellte bei ihm handgeschriebene Bücher. Mansion fertigte im Laufe seiner gesamten Laufbahn auch weiterhin - u. a. für die Herzöge - handschriftlich verfasste Bücher an.
Viele Handschriften aus Lodewijks Bibliothek sind erhalten geblieben, wenn auch nicht hier: Nach Lodewijks Tod erwarb der französische König die meisten von ihnen vermutlich von Lodewijks Sohn Jan, der am französischen Hof diente. Sie werden bis heute in der Bibliothèque nationale de France in Paris aufbewahrt.
Was las Lodewijk bzw. welche Handschriften besaß er? Welche Texte enthielten sie? Meistens waren es religiöse Werke, aber auch Bücher mit Überstetzungen antiker römischer Geschichten und voluminöse Chroniken befanden sich darunter. Fast alle Werke waren auf Französisch verfasst. Lodewijks Zeitgenossen hegten aber auch großes Interesse am frühen Humanismus und lasen deshalb lateinische Texte - wie beispielsweise Jan Crabbe, der Abt des berühmten Dünenklosters in Koksijde.