Pieter Pourbus, Das Jüngste Gericht
Am 15. August 1551 übergibt Pieter Pourbus seinen Auftraggebern dieses Weltgericht. Er erhält seinen letzten Abschlag, und weil seine Auftraggeber zufrieden sind, sogar noch ein Aufgeld für seine hervorragende Leistung. Seine Auftraggeber sind die Schöffen des Brügger Freiamtes, die große Teile des Brügger Umlandes verwalten. Pourbus' monumentales Werk war für ihren Gerichtssaal bestimmt. Das Jüngste Gericht erinnerte die Schöffen, die auch als Richter fungierten, ständig an den Moment, in dem Gott als höchster Richter über sie selbst richten wird. Das Gemälde war eine Mahnung, gerecht zu urteilen.
Was sehen wir auf dem Gemälde? Eine traditionelle und zugleich auch neuartige Darstellung des Jüngsten Gerichts. Die dynamische Christusfigur oben ist von Heiligen umgeben. Mit der rechten Hand lädt er fromme Gläubige in den Himmel ein, mit der linken schickt er Sünder in die brennende Hölle. Auf der Erde hat das sofortige Folgen: Gräber öffnen sich, und während rechts Chaos und Panik herrschen, steigen links die Glückseligen in den Himmel auf. Rechts packen Teufel zu – links sind Engel behilflich. Inspiration fand Pourbus unter anderem bei Jan Provoost, der 26 Jahre vor ihm ebenfalls ein Weltgericht gemalt hatte. Provoosts Werk war für das Brügger Rathaus bestimmt und befindet sich heute ebenfalls in der Sammlung des Museums.
Die Darstellung verbindet konventionelle wie auch fortschrittliche Aspekte. Wer das Jüngste Gericht von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle kennt, den erinnern die ausladenden Gesten und die kräftigen, muskulösen Figuren unten im Bild, etwa den Mann, der mit einem Bein aus dem Grab steigt, womöglich an das Fresko in Rom. Michelangelos Werk war 1551 zehn Jahre zuvor vollendet, und Pourbus vermutlich aus Stichen bekannt.